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Spätestens seit der aufklärerischen Libertinage gilt die »freie Liebe«als Ausdruck einer progressiven Lebenseinstellung. In der Romantikwurde sie ebenso gefeiert wie in Jugend- und Studentenbewegungen.Heute erfreut sie sich als »Polyamorie« besonders unter Kosmopolitengroßer Beliebtheit. Wer sich eifersüchtig zeigt, gar auf emotionaleExklusivität besteht, wird bestenfalls als hoffnungsloser Schwärmer,meist aber als besitzergreifender Despot betrachtet. Eifersucht isteine der letzten verbliebenen Todsünden der Moderne.Das Konzept »offene Beziehung« erscheint auf den ersten Blick…mehr

Produktbeschreibung
Spätestens seit der aufklärerischen Libertinage gilt die »freie Liebe«als Ausdruck einer progressiven Lebenseinstellung. In der Romantikwurde sie ebenso gefeiert wie in Jugend- und Studentenbewegungen.Heute erfreut sie sich als »Polyamorie« besonders unter Kosmopolitengroßer Beliebtheit. Wer sich eifersüchtig zeigt, gar auf emotionaleExklusivität besteht, wird bestenfalls als hoffnungsloser Schwärmer,meist aber als besitzergreifender Despot betrachtet. Eifersucht isteine der letzten verbliebenen Todsünden der Moderne.Das Konzept »offene Beziehung« erscheint auf den ersten Blick ungeheuerliberal und großzügig. Nein, besitzen oder gar brauchen sollte manniemanden ... Aber spiegelt sich darin nicht einfach die Furcht davor, Farbezu bekennen, sich verletzlich zu zeigen? Ist die Ehe das Ende der Leidenschaft,Monogamie gleichbedeutend mit Langeweile? Dürfen Treue undAusschließlichkeit in einer Ehe eingefordert werden?Birgit Schmid geht in diesem Buch aufs Ganze und hält ein flammendesPlädoyer für die große und einmalige Liebe als Gegenentwurf zur emotionalenBeliebigkeit. Und zu einer solchen Liebe, davon ist sie überzeugt,gehört eben auch die vielgeschmähte Eifersucht, die hier eine Rehabilitierungerfährt.
Autorenporträt
Schmid, BirgitBirgit Schmid, Jahrgang 1972, studierte Germanistik, Kunstgeschichteund Komparatistik an der Universität Zürich und wurde2004 promoviert. Anschließend arbeitete sie als Filmkritikerin,u.a. für die »Neue Luzerner Zeitung« und als freie Journalistin fürdiverse Schweizer Zeitungen, war stellvertretende Chefredakteurinbeim »Magazin«, bevor sie 2015 in die Redaktion der »Neuen ZürcherZeitung« wechselte, bei der sie den Wochenendbund mitverantwortetund wöchentlich eine Kolumne zum Thema Beziehungen schreibt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2018

Die Revolution verkauft ihre Kinder
Und was wird dabei aus der Begleiterin der Liebe? Birgit Schmid macht sich Gedanken über die Eifersucht - aber keine überzeugenden

Ist Karl Lagerfeld eigentlich Feminist? Bis 2014 hätte niemand über diese Frage auch nur nachgedacht, geschweige denn sie öffentlich geäußert. In seiner Frühjahrskollektion 2015 indessen schleuderte der geniale Modemacher den Zeitgeist über den Runway: Die sehr kleidsamen Caroline de Maigret und Cara Delevingne hielten Megafone in ihren Händen während Georgia May Jagger, Gisèle Bündchen, Joan Smalls und Edie Campbell Plakate mit Sätzen wie "History is Her Story", "Feminism not Masochism", "We Can Match the Machos" und "Ladies First" trugen. Lagerfelds Muse, das Männermodell Baptiste Giabiconi, wedelte mit "He for She".

Seitdem verkauft die sehr schicke Revolution light alles: Überzeugungen, Uterus, das eigene Frausein, Ehe, Treue, Liebe - Hauptsache, der Hashtag wird retweeted. Fake ist nicht erst seit Donald Trump Trumpf. Trans, Gender, Hijab, hip, hegemonial, jung, gutaussehend, "body positive", polyamor, asexuell - alle Werte-Warengruppen werden aufmerksamkeitsgierig durcheinandergewirbelt. Schließlich sind Menschen vor allem Datenpakete, da liegt es auf der Hand, dass sie auch ihre Gefühle vermarkten. Alles wird dem Altar des Waren-Menschen-Tauschs geopfert. Ehe, Verlässlichkeit, Treue, Loyalität, Vertrauen, Sicherheit, Zusammenhalt, Ehrlichkeit, Eifersucht, Liebe und Streit sind im modischen Diskursgeschwurbel nichts anderes als "heteronormative Unterdrückungssysteme".

Dies ärgert viele ältere Feministinnen. Deshalb schreiben sie dann weinerliche Bücher wie "Freie Liebe ist für Feige. Lob der Eifersucht" und meinen tatsächlich, damit die "Kauf-mich-Ideologie" von Gendermaximen und Hochkapitalismus bewältigen zu können.

Nichts ist falscher als das, schon gar nicht, wenn ein so großes Gefühl wie Eifersucht so unendlich banal beschrieben wird wie bei Birgit Schmid. Eifersucht und Neid liegen an der Schnittstelle von privat und politisch. Deshalb ist jede Zeile, die auf einer Kitsch-, Empfindlichkeits- und Opferwelle surft, vergeudetes Papier. Wer behauptet, "freie Liebe sei nur für Feige", verkennt die Kraft von wahrer Liebe, die normalerweise so friedlich ist wie eine Revolution. Jede Gartenlaube-Literatur aus dem neunzehnten Jahrhundert ist erhellender als die entpolitisierte Prosa von Birgit Schmid.

Das Drama der mit Eifer Suchenden und Zerstörenden ist viel zu groß, um es, wie Schmid es mit ihrem ersten Satz tut, so einzuführen: "Sobald man jemanden liebt, ist sie da, die Eifersucht." Denn "man" liebt sehr zauberhaft auch ohne Eifersucht, und außerdem ist das ganze Bändchen eine Ansammlung von derartigen Banalitäten: "Neid und Eifersucht prägen das Zusammenleben, die Frage ist, ob heute stärker denn je. Die beiden Leidenschaften tragen nie zu viel Optimismus bei, wenn sie in einer Zeitdiagnose auftauchen."

Birgit Schmids Eifersuchts-Potpourri ist weder besonders klug noch raffiniert, noch besticht das Buch durch anschauliche filmische und literarische Beispiele zum Thema. Es ist einfach nur ärgerlich. Die Germanistin bewegt sich zwischen psychologischem Ratgeber und romantischer Tragikomödie. Ihre Conclusio lautet: "Durch die Idealisierung wird der andere erst begehrenswert, man schreibt ihm Eigenschaften zu, die ihn als ungewöhnlich und einzigartig erscheinen lassen: ihr großes Wissen, seine soziale Gewandtheit. Man imaginiert ihn sich als ausgesprochen attraktiv."

Soll das das im Klappentext versprochene "flammende Plädoyer für die große und einmalige Liebe als Gegenentwurf zur emotionalen Beliebigkeit" sein? Wer mehr über "das grüngeäugte Scheusal, das besudelt die Speise, die es nährt" erfahren will, ist bei Shakespeare, Goethe und Rilke nach wie vor besser bedient. Und "Warum die Liebe weh tut" hat die Soziologin Eva Illouz wesentlich schlüssiger erklärt.

REGULA STÄMPFLI

Birgit Schmid: "Freie Liebe ist für Feige". Lob der Eifersucht.

Zu Klampen Verlag, Springe 2018.

160 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Elegant verknüpft dieser Essay Alltagsbeobachtungen und Reflexion. Die Autorin argumentiert jedoch zeitlos anthropologisch. (...) .Hier streitet eine bekennende Romantikerin für die 'lyrische Kraft' der Liebe.« Martina Läubli in: Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 27. Mai 2018